Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erklärt

Beitrag
Hast du schon einmal erlebt, dass jemand aufgrund seines Alters, Geschlechts oder einer anderen Eigenschaft ungerecht behandelt wurde? Oder hattest du selbst das Gefühl, im Job benachteiligt zu werden? Solche Situationen sind ein Fall für das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). In diesem Beitrag erfährst du daher, was das AGG ist, wann ein Verstoß vorliegt und wie du dich in solchen Fällen schützen kannst.

Was ist das AGG & für wen gilt es?

Das AGG wurde 2006 eingeführt, um Diskriminierung in verschiedenen Lebensbereichen – z. B. im Arbeitsumfeld oder bei alltäglichen Geschäften – zu verhindern. Es schützt Menschen vor Benachteiligungen aufgrund von sechs zentralen Merkmalen (§1 AGG):
  • rassistische Gründe oder ethnische Herkunft
  • Geschlecht
  • Religion oder Weltanschauung
  • Behinderung
  • Alter
  • sexuelle Identität
Zusatz: Der Schutz vor Diskriminierung aufgrund ethnischer Herkunft ist besonders weitreichend und umfasst nicht nur das Arbeitsleben, sondern auch private Verträge wie den Zugang zu Gütern, Dienstleistungen und Wohnraum. Die Staatsangehörigkeit eines Menschen zählt dabei nicht zu den durch das AGG geschützten Merkmalen. Erfolgt allerdings eine Ungleichbehandlung, weil mit der Staatsangehörigkeit eine bestimmte ethnische Zugehörigkeit verbunden wird, handelt es sich um eine unmittelbare Diskriminierung. Darüber hinaus schützt das AGG intergeschlechtliche Menschen und Trans*-Personen, unabhängig davon, ob sie eine Geschlechtsangleichung vornehmen oder dies beabsichtigen. Frauen genießen während der Schwangerschaft und Mutterschaft einen besonderen Schutz – etwa, wenn ihnen aufgrund ihrer Schwangerschaft eine Vertragsverlängerung verweigert wird. Auch der Schutz vor Diskriminierung wegen einer Behinderung ist umfassend geregelt, wobei es keine Rolle spielt, ob die Behinderung sichtbar oder unsichtbar, schwer oder leicht ist. Im Hinblick auf Altersdiskriminierung schützt das AGG Menschen jeden Alters vor ungerechtfertigter Benachteiligung.

Wann liegt ein Verstoß gegen das AGG vor?

Ein Verstoß gegen das AGG tritt ein, wenn eine Person aufgrund eines der oben genannten Merkmale benachteiligt wird. Das kann direkt, indirekt oder durch belästigendes Verhalten geschehen (§3 AGG). Im Folgenden erklären wir die verschiedenen Formen genauer.

1. Direkte Diskriminierung

Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn Person A eine schlechtere Behandlung als Person B in einer vergleichbaren Situation erfährt, weil Person A zu einer der geschützten Gruppen gehört.
Beispiel: Ein Unternehmen sucht eine neue Sekretärin. In der Stellenausschreibung steht: „Wir suchen eine junge, dynamische Frau unter 40.“ Eine qualifizierte Person, die 45 Jahre alt ist, wird ohne weitere Begründung abgelehnt. Dies ist ein klarer Fall von Altersdiskriminierung und verstößt gegen das AGG. Das AGG verbietet es, Bewerber:innen aufgrund ihres Alters von vornherein auszuschließen. In diesem Fall wird die Person direkt aufgrund ihres Alters benachteiligt.

2. Indirekte Diskriminierung

Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften bestimmte Gruppen benachteiligen.
Beispiel: Eine tarifliche Regelung sieht vor, dass Piloten und Pilotinnen eine Mindestgröße von 1,65 Meter aufweisen müssen. Die Anforderungen an die Körpergröße sind aber aus sicherheitstechnischen Gründen nicht erforderlich. Statistisch gesehen gibt es mehr Frauen als Männer, die diese Mindestkörpergröße nicht erfüllen. Die Regelung knüpft zwar nicht unmittelbar an das Geschlecht an, wirkt sich aber besonders nachteilig auf Frauen aus. Da also kein sachlicher Rechtfertigungsgrund für diese Schlechterstellung vorliegt, liegt eine mittelbare Benachteiligung aufgrund des Geschlechts vor.

3. Belästigung oder Mobbing

Belästigung nach dem AGG ist jede unerwünschte Verhaltensweise, die eine Person herabwürdigt oder ein feindliches Umfeld schafft.
Beispiel: Ein Mitarbeiter wird von Kollegen immer wieder mit homophoben Sprüchen und Anspielungen belästigt. Trotz mehrmaliger Beschwerden reagiert seine Führungskraft nicht. Diese Art von Verhalten gilt als Diskriminierung.

4. Sexuelle Belästigung

Sexuelle Belästigung umfasst unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornografischen Darstellungen, die die Würde einer Person verletzen.
Beispiel: Person A macht anzügliche Bemerkungen über das Aussehen von Person B oder sendet dieser pornografische Inhalte. Das ist sexuelle Belästigung und somit liegt ein Verstoß gegen das AGG vor.

5. Anweisung zur Benachteiligung

Auch die Anweisung zur Diskriminierung gilt als Verstoß gegen das AGG. Damit soll ein nachhaltiger Schutz vor Ungleichbehandlungen erzielt werden. Die potenziell betroffene Person muss also nicht erst die Benachteiligung abwarten, sondern kann bereits gegen die Anweisung vorgehen.
Beispiel: Eine Chefin weist den Personalchef an, Menschen mit Behinderungen nicht zu befördern. Obwohl bisher keine direkte Benachteiligung stattfindet, ist bereits diese Anweisung ein Verstoß gegen das AGG.

Welche Pflichten haben Arbeitgeber nach dem AGG?

Arbeitgeber tragen die Verantwortung, Diskriminierungen im Betrieb aktiv zu verhindern und ihre Mitarbeitenden vor Benachteiligungen zu schützen. Sie müssen sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden gleichbehandelt werden und dass niemand aufgrund der geschützten Merkmale benachteiligt wird. Das AGG (siehe §12) legt hierzu folgende Pflichten auf:
  • Beschwerdestelle: Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, eine Anlaufstelle zu schaffen, an die sich Mitarbeitende bei Diskriminierung vertraulich wenden können. Darüber hinaus muss jede Beschwerde gründlich und neutral geprüft sowie das Ergebnis – möglichst schriftlich – der betroffenen Person mitgeteilt werden. Das Ergebnis sollte innerhalb einer angemessenen Zeit (z. B. zwei Wochen) kommuniziert werden.
  • Klare Richtlinien: Der Gesetzestext des AGG, §61b des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie die Informationen über die Beschwerdestelle müssen im Unternehmen bekannt gemacht werden. Die Informationen können z. B. ausgehängt, ausgelegt, im Intranet bereitgehalten, als Rundschreiben versendet oder dem Arbeitsvertrag als Anlage beifügt werden.
  • Vorbeugende Maßnahmen: Die Beschäftigten müssen über die Unzulässigkeit von Benachteiligungen, etwa durch Einzelgespräche, im Rahmen einer Betriebsversammlung, durch Schulungen oder verpflichtende Fortbildungen informiert werden. So wird ein Bewusstsein geschaffen und Mitarbeitende werden dafür sensibilisiert, wie Diskriminierung aussehen kann und wie sie vermieden wird.
  • Unmittelbare Maßnahmen: Hat sich im Betrieb eine Benachteiligung ereignet, müssen Arbeitgeber mit einer geeigneten, erforderlichen und angemessenen Sanktion reagieren. Angepasst an die Schwere des Verstoßes sind verschiedene Sanktionen denkbar, wie der Ausspruch einer Ermahnung oder Abmahnung, eine Umsetzung, Versetzung oder Kündigung. Beschäftigte müssen zudem vor Benachteiligungen durch Dritte (z. B. Kund:innen oder Vertragspartner:innen) geschützt werden.
  • Zukünftige Maßnahmen: Arbeitgeber müssen ebenfalls an weiterführende Schritte denken und umsetzen, z. B. den Abschluss einer Betriebsvereinbarung gegen Benachteiligungen, die Aufstellung eines Verhaltenskodex oder eines umfassenden Konzepts zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen bei AGG-Verstößen. Daneben sind auch bereits bestehenden Arbeitsverträge oder Betriebsvereinbarungen regelmäßig auf mögliche Diskriminierungen zu prüfen.
Beachte: Erfüllen Arbeitgeber diese Pflichten nicht oder unzureichend, können ihnen rechtliche Konsequenzen wie Schadensersatzforderungen drohen.

Welche Rechte haben Beschäftigte nach dem AGG?

Angestellte Personen haben im Falle einer Benachteiligung oder Diskriminierung am Arbeitsplatz folgende Ansprüche (§13 ff. AGG):
  • Beschwerderecht: Sie haben das Recht, sich bei einer zuständigen Stelle im Betrieb oder Unternehmen zu beschweren, wenn sie sich wegen eines der geschützten Merkmale benachteiligt fühlen. Die Beschwerde muss geprüft werden und es besteht ein Anspruch auf Rückmeldung.
  • Leistungsverweigerungsrecht: Sollte der Arbeitgeber keine geeigneten Maßnahmen gegen Belästigung oder sexuelle Belästigung ergreifen, können Angestellte ihre Arbeit verweigern, ohne dass ihnen ein Verlust des Arbeitsentgelts entsteht.
  • Entschädigungs- & Schadensersatzanspruch: Im Falle einer Diskriminierung können Beschäftigte Schadensersatz und eine angemessene Entschädigung verlangen. Dies gilt auch für Fälle, in denen Personen aufgrund einer Diskriminierung nicht eingestellt wurden. Die Entschädigung darf in diesem Fall bis zu drei Monatsgehälter betragen.
Hinweis: Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht benachteiligen, wenn sie von ihren Rechten Gebrauch machen, eine Beschwerde einreichen oder sich gegen diskriminierende Anweisungen wehren. Dieses Maßregelungsverbot gilt auch für weitere Kolleg:innen, die dabei unterstützen oder als Zeug:innen aussagen.

Wann sind Ungleichbehandlungen gerechtfertigt?

In seltenen Fällen lässt das AGG unterschiedliche Behandlungen im Berufsleben zu, wenn eine bestimmte Eigenschaft für die Ausübung der Tätigkeit unerlässlich ist. Solche Ausnahmen sind jedoch streng begrenzt und müssen gut begründet sein.
Beispiel: Ein Verein bietet Beratungen speziell für Migrantinnen aus bestimmten Herkunftsländern an. Um eine vertrauensvolle Basis zu schaffen, ist es notwendig, dass die Beratung von Frauen aus dem gleichen Kulturkreis durchgeführt wird. In diesem Fall kann es zulässig sein, ausschließlich Frauen mit einer bestimmten ethnischen Herkunft einzustellen, da diese Merkmale für die Tätigkeit entscheidend sind.
Auch im Alltag kann eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt sein, wenn sie einem sachlichen Grund dient.
Beispiel: Eine Fluggesellschaft verweigert einer schwangeren Frau ohne ärztliches Attest zur Flugtauglichkeit die Buchung. Diese Maßnahme kann gerechtfertigt sein, um die Gesundheit der Frau zu schützen.

In diesem Beitrag hast du erfahren, was das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist, welche Merkmale es schützt, wann ein Verstoß gegen das Gesetz vorliegt und welche Pflichten bzw. Rechte der Arbeitgeber bzw. du als Angestellte:r hast. Ob direkte oder indirekte Diskriminierung, Belästigung oder unzulässige Anweisungen – das AGG deckt zahlreiche Situationen ab, in denen Ungleichbehandlungen auftreten können. Es ist wichtig, diese Regeln zu kennen, um dich oder andere vor Diskriminierung zu schützen und in solchen Fällen richtig zu handeln. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie du beispielsweise Diskriminierung erkennst und vermeidest, was du tun kannst, wenn du selbst betroffen bist, oder wie du als Führungskraft im Einklang mit dem AGG handeln solltest, dann informiere dich gerne weiterführend in den entsprechenden Beiträgen.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
Merckgroup

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Diese Website verwendet nur notwendige Cookies, die keine personenbezogenen Daten enthalten. Details findest du in unserem Datenschutzhinweis.


Mit einem Klick auf "Zum Angebot" akzeptierst du unsere Nutzungsbedingungen.