Selbstverletzungen anderer richtig ansprechen

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Hast du selbstverletzendes Verhalten bei einer dir nahestehenden Person bemerkt und bist dir unsicher, wie du es richtig ansprechen sollst? Machst du dir Sorgen um eine Person, bei der der Verdacht auf selbstverletzendes Verhalten besteht und möchtest wissen, wie du sie bestmöglich unterstützen kannst? Mit dieser Unsicherheit, Überforderung und Sorge bist du nicht allein, denn viele Menschen tun sich schwer damit, ein solches Thema anzusprechen. Daher erfährst du in diesem Beitrag, welche Schritte es beim Ansprechen von selbstverletzendem Verhalten zu beachten gilt und wie du Betroffene am besten unterstützen kannst.
Ein Hinweis vorab: Menschen, die sich selbst verletzen, stehen unter einer großen Belastung und einem enormen Leidensdruck. Daher ist es überaus wichtig, das selbstverletzende Verhalten stets ernst zu nehmen und nicht als Suche nach Aufmerksamkeit abzutun.

Für geeignete Rahmenbedingungen sorgen

Zunächst ist es immer hilfreich, ein solches Gespräch nicht zwischen Tür und Angel oder in einer größeren Gruppe zu führen. Denn dies könnte es der betroffenen Person deutlich erschweren, sich sicher genug zu fühlen, um sich dir zu öffnen. Wenn du die Möglichkeit hast, sorge also für eine ungestörte und ruhige Umgebung, um ein solches Gespräch zu führen.
Für akute Situationen: Wirst du Zeuge oder Zeugin einer Selbstverletzung, so kannst du, falls notwendig, die Person bei der Wundversorgung unterstützen. Sollte es sich nicht nur um oberflächliche Verletzungen handeln – z. B. eine Blutung, die sich nicht stoppen lässt – solltest du mit der betroffenen Person unbedingt ärztliche Hilfe aufzusuchen. Natürlich kannst du diese Situation direkt zum Anlass für ein Gespräch nutzen.

Ruhe bewahren & Beobachtungen teilen

Versuche im Gespräch selbst Ruhe zu bewahren und vermeide es, deine persönliche Meinung oder Kritik zu dem Thema zu äußern. Versuche stattdessen Verständnis für die Person und ihre schwierige Situation zu zeigen, da ihr möglicherweise auch alternative Handlungsweisen zur Selbstverletzung fehlen. Sprich daher besser die von dir gemachten Beobachtungen neutral, ehrlich und interessiert an, ohne sie zu dramatisieren. Zum Beispiel könntest du Folgendes sagen:
  • „Ich beobachte jetzt schon eine ganze Weile, dass du immer zurückgezogener und gleichgültiger wirkst. Mir sind auch die Narben an deinen Armen aufgefallen. Ich mache mir Sorgen um dich – ich würde mich freuen, wenn du mit mir teilst, wie es dir wirklich geht.”
  • „Ich habe das Gefühl, als würdest du leiden und ich weiß nicht, was der Grund dafür ist oder wie ich dich unterstützen kann, damit es dir besser geht. Ich mache mir Sorgen um dich und möchte, dass es dir wieder besser geht. Was geht gerade in dir vor?”
  • „Ich sehe deine Verletzungen und dass es dir nicht gut geht. Ich möchte für dich da sein. Kannst du mir erzählen, was dich gerade beschäftigt und wie du dich fühlst?”
Gib dir mit deinen Aussagen sowie den Rückmeldungen deines Gegenübers ausreichend Zeit, denn über solche (innerlichen) Herausforderungen zu sprechen, kann sehr schwer fallen.
Sollte die betroffene Person keinerlei Interesse an einem Gespräch mit dir zeigen, zeige Verständnis und akzeptiere die Entscheidung deines Gegenübers. Signalisiere dann – statt der Weiterführung des Gesprächs – dass du jederzeit da bist, wenn die betroffene Person es sich anders überlegt oder anderweitige Sorgen mit dir teilen möchte. Du kannst dich in einem solchen Fall ebenfalls an die hier hinterlegten psychologischen Ansprechpersonen wenden, um über mögliche weitergehende Schritte zu sprechen.

Eine Unterhaltung anregen

Wenn es der bisherige Gesprächsverlauf und die Reaktionen deines Gegenübers erlauben, kannst du durch Nachfragen versuchen, eine tiefergehende Unterhaltung anzuregen. Wichtig ist hierbei, dass du nicht bohrst und die betroffene Person nicht mit Fragen bombardierst. Ein solcher erster Austausch kann für euch beide hilfreich sein, um das Ausmaß der Herausforderungen der betroffenen Person sichtbar zu machen und den Leidensdruck durch das Teilen der Gefühle zu verringern. Gleichzeitig kannst du die Gelegenheit ggf. nutzen, um die betroffene Person auf weitere mögliche Formen der Unterstützung aufmerksam zu machen. Solche Nachfragen können z. B. die folgenden sein:
  • „Weißt du (noch), wann diese Gefühle angefangen haben?”
  • „Welche Auslöser gibt es?”
  • „Wie bzw. wann kam es zu den Selbstverletzungen?”

Die Suche nach professioneller Hilfe anbieten

Sollte es die Situation hergeben, kannst du die betroffene Person dazu motivieren, sich professionelle Unterstützung zu suchen. Das kann beispielsweise in einem ersten Schritt die Vereinbarung eines Erstgesprächs bei einer psychotherapeutischen Praxis oder der Anruf bzw. der Besuch bei einer entsprechenden Beratungsstelle sein. Hierbei ist es hilfreich – wenn die Person grundsätzlich damit einverstanden ist – sie bei der Suche und weiteren Schritten zu unterstützen. Mit ihrem Einverständnis könnt ihr auch im Rahmen eurer Unterhaltung gemeinsam bei einer entsprechenden Praxis oder Beratungsstelle anrufen.

Sollte die betroffene Person weitere (professionelle) Unterstützung ablehnen, versuche ihr weiterhin als Vertrauensperson zur Seite zu stehen und ihr – wenn es weitere Gelegenheiten erlauben – mögliche andere Unterstützungsangebote anzubieten.


Das waren Schritte und wichtige Hinweise, wie du selbstverletzendes Verhalten bei Betroffenen richtig ansprechen und ihnen Unterstützung anbieten kannst. Solltest du z. B. in Vorbereitung auf ein solches Gespräch, im Nachgang oder allgemein über deine Gefühle zu diesem Thema sprechen wollen, stehen dir die hier aufgeführten Ansprechpersonen sehr gerne zur Seite.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.