Black-Box-Methode: Ein Beispiel

Übung
Hast du den Beitrag zur Black-Box-Methode gelesen oder gesehen und würdest die einzelnen Schritte gerne nochmal an einem konkreten Beispiel durchgehen? Dann bist du hier genau richtig! Denn hier erklärt dir Bianca-Maria Klein die Black-Box-Methode anhand eines praktischen Fallbeispiels, damit du in Zukunft deine Erwartungen noch sicherer managen kannst.

Die Ausgangssituation

Um die einzelnen Schritte der Methode anhand eines konkreten Beispiels durchlaufen zu können, stell dir zunächst die folgende Ausgangssituation vor: Du bist ein berufstätiger Elternteil und arbeitest im Vertrieb eines Unternehmens. Du liebst deinen Job, bist zudem sehr pflichtbewusst und musst täglich mindestens drei Kunden vor Ort besuchen. Neben dieser beruflich anspruchsvollen Situation stehst du auch im Privaten vor großen Herausforderungen, denn deine langjährige Beziehung befindet sich mitten in der Scheidung. Darüber bist du nicht nur sehr traurig, sondern du musst auch parallel die Gespräche mit den Anwält:innen, deine persönlichen Termine und die Betreuung deiner Kinder unter einen Hut bringen. Das alles macht dich sehr müde. Du kannst dich weder richtig konzentrieren noch motivieren. Und dann kündigt dir zu allem Übel deine Führungskraft an, dass in deiner Firma Umstrukturierungen vorgenommen werden und du ein weiteres Verkaufsgebiet übernehmen sollst.
Wie fühlt es sich an, den Erwartungen deiner Führungskraft und der Firma entsprechen zu wollen, aber gleichzeitig so müde zu sein, weil privat alles drunter und drüber geht? Wie fühlt es sich an, von dir selbst zu erwarten, dass du alles geregelt bekommst? Wie kannst du dieser Situation bestmöglich begegnen?

1. Schritt: Die Situation

Nun ist es Zeit, deine Erwartungs-Situation einmal ganz neutral zu betrachten: Dein:e Partner:in hat sich von dir getrennt, wodurch sich die Betreuung deiner Kinder verändert. Und du hast einen Vollzeit-Beruf, für den du bezahlt wirst – bei dem sich allerdings in Zukunft auch dein Aufgabengebiet erweitert. Das sind die objektiven Fakten – nicht mehr und nicht weniger.

2. Schritt: Die Richtung

Schau dir nun die Erwartungs-Richtungen genauer an:
  •  Deine Führungskraft und die Firma erwarten von dir, dass du gute Arbeit ablieferst und die Umstrukturierung akzeptierst.
  •  Du erwartest von dir selbst, dass du alle Herausforderungen in deinem Privat- und Berufsleben gut bewältigst.
  • Von deiner Führungskraft erwartest du andererseits, dass sie Verständnis für deine Situation hat.

3. Schritt: Die Gefühle

Im dritten Schritt setzt du dich genauer mit den Gefühlen auseinander, die mit deinen Erwartungen verbunden sind. Hast du z.B. Angst davor, dass deine Führungskraft bemerkt, dass du unmotiviert und unkonzentriert bist? Hast du Angst davor, nicht alles allein bewältigen zu können? Hast du Angst zuzugeben, dass dich die Doppelbelastung überfordert und du Unterstützung von deinen Kolleg:innen brauchst? Oder sind es vielleicht sogar all diese Ängste gleichzeitig?

4. Schritt: Die Kommunikation

Im letzten Schritt geht es nun darum, deine Gefühle und die Situation, in der du dich befindest, anzusprechen. Es gibt viele Möglichkeiten, wie du mit den relevanten Personen auf der Arbeit, im Freundeskreis oder in der Familie in den Austausch gehen kannst – und natürlich ebenso mit dir selbst.
Stell dir zum Beispiel vor, dass du all deinen Mut zusammennimmst und einen Termin mit deiner Führungskraft vereinbarst. Es fällt dir zwar schwer, doch du erklärst ihr deine private Situation und deine Herausforderungen mit der Doppelbelastung, die du zur Zeit erlebst. Im Anschluss sagst du: „Es ist mir wichtig, dass ich weiterhin sehr gute Leistungen erbringen kann. Doch im Augenblick habe ich Sorge, dass mich eine solche Überlastung über einen längeren Zeitraum hinweg gesundheitlich eher schädigt und damit auch das Unternehmen.”
Außerdem stellst du Fragen, um die Situation besser zu verstehen, zum Beispiel: “Wie werden die Veränderungen im Unternehmen denn konkret ablaufen? Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, mich in meiner Situation zu unterstützen oder zu entlasten? Ich hoffe, Sie haben Verständnis für meine Situation und sehen mir nach, dass ich momentan nicht auf meinem Höchststand bin.”
Als du deine Situation geschildert hast, erzählt dir deine Führungskraft zum ersten Mal, dass auch sie mit den Veränderungsprozessen zu kämpfen hat. Außerdem schätzt sie deinen Mut und deine Offenheit sehr, deine Situation so ehrlich anzusprechen. Daher beruft ihr ein paar Tage später gemeinsam ein Meeting mit dem gesamten Team ein, um euch über die anstehenden und bestehenden Herausforderungen offen auszutauschen.
Nach den Gesprächen an deinem Arbeitsplatz wendest du dich ebenfalls an deine nahestehenden Verwandten und engen Freund:innen, um von deiner momentanen Situation zu erzählen und sie um Unterstützung zu bitten. Durch den Austausch in deinen unterschiedlichen Lebensbereichen wird es einfacher, dein Privat- und Berufsleben unter einen Hut zu bekommen, denn du erhältst sowohl die Unterstützung als auch den Zuspruch, den du brauchst.

Jetzt, nachdem du deine Situation offen kommuniziert hast, machst du dir weniger Sorgen um die Erwartungen anderer und spürst weniger Druck. Außerdem gelingt es dir so, deine eigenen Erwartungen zu relativieren, und du siehst sie viel realistischer als zuvor. Dadurch bist du weniger gestresst und hast die Kraft, deine Herausforderungen zu bewältigen. Würde deine Situation jetzt genauso aussehen, wenn du dir diese Fragen nicht gestellt hättest? Wenn du nicht mit den anderen gesprochen und dich getraut hättest, deine Bedürfnisse anzusprechen?
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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