Verfolgungswahn erkennen & richtig verhalten

Beitrag
Menschen mit einer psychischen Erkrankung lösen in anderen oft Verunsicherung oder sogar Ängste aus. Es ist das Fremde, das scheinbar Unberechenbare, was es für viele schwierig macht, damit umzugehen. Nicht selten stellen Menschen sich die Frage, ob psychisch kranke Menschen im Allgemeinen gefährlicher sind als gesunde. Die Antwort lautet: Nein! Jedoch kommt es natürlich auf die einzelne Person, den Einzelfall an.

Was ist ein Verfolgungswahn?

Einem Verfolgungswahn liegen in der Regel psychische Erkrankungen aus dem Bereich Psychosen zugrunde, häufig eine sogenannte paranoide Schizophrenie. Ein Mensch, der wahnhaft ist, nimmt die Realität verzerrt wahr. Er ist unverrückbar davon überzeugt, dass seine Wahrnehmung die richtige ist. Beim Verfolgungswahn beziehen sich die verzerrte Wahrnehmung und Interpretation auf die sozialen Beziehungen. Der Mensch sieht sich verfolgt, bedroht und von anderen unter Druck gesetzt. Er ist geprägt von Misstrauen und manchmal auch Feindseligkeit gegenüber anderen.

Ein Beispiel

Stelle dir vor, du hast einen Kollegen, mit dem du schon einige Jahre zusammenarbeitest. Er ist eher ein Einzelgänger, aber auf der Arbeitsebene habt ihr euch immer ganz gut verstanden. Dieser Kollege fängt nun an, sich zu verändern. Er zieht sich noch mehr zurück, verbringt seine Pausen alleine, er vernachlässigt ein wenig sein Äußeres und manchmal beobachtest du ihn dabei, wie er mit sich selbst scheinbar ein Streitgespräch führt. Er schreit dann „Jetzt ist gut“ oder „Sei leise“ und rauft sich dabei den Kopf.
Der Kollege fehlt nun öfter, ohne sich krank zu melden, und auch inhaltlich bringt er sich gar nicht mehr ein. Er wirkt abwesend und starrt oft vor sich hin. Wenn man ihn anspricht, reagiert er gereizt. Da du dir Sorgen machst, sprichst du ihn schließlich an und fragst nach, was los ist. Daraufhin schließt er die Bürotür und eröffnet dir, dass er weiß, was los sei und er nun dem Ganzen auf die Spur gekommen sei. Du bist verwirrt und hakst nach, was er damit meint. Er kramt eine Liste aus der Schublade. Darauf sind Namen von einigen Kolleg:innen geschrieben und viele handschriftliche Notizen. Wann die Kolleg:innen morgens zur Arbeit kommen, was sie für Kleidung getragen haben, welche technischen Geräte sie bei sich tragen und so weiter. Der Kollege teilt dir mit, dass diese Personen den Auftrag haben, bei allen Mitarbeitenden das Gehirn "auf null zu setzen" und dann einen Chip einzupflanzen, um zukünftig ferngesteuert manipuliert zu werden. Er selbst sei der Einzige, der diese Katastrophe aufhalten kann, da nur er das Wissen darüber habe. Man habe ihn aber schon auf dem Schirm und versuche, ihn auszuschalten. Er müsse sehr vorsichtig sein.
Was ist mit diesem Kollegen los? Möglicherweise hat eine psychische Erkrankung diesen Menschen aus dem Gleichgewicht gebracht. Es spricht einiges dafür, dass sich bei ihm ein Wahnsystem entwickelt, dass er sich verfolgt fühlt, und dass er auf einer Art Mission ist, die anderen zu retten. Aber ist er auch gefährlich?
Betrachtet man die Inhalte seiner Wahnidee, liegt durchaus ein Risikopotential vor. Allein aus den Inhalten seiner Wahnideen, an die er ja tatsächlich glaubt, ergibt sich für ihn ein gewisser Handlungsdruck. Er fühlt sich vermutlich bedroht und muss etwas tun, um das Unheil abzuwenden. Als Folge könnte er an die Öffentlichkeit gehen, sich an Führungskräfte wenden, kündigen oder eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Aber er könnte eben auch selbst handeln und zum Beispiel planen, die betreffenden Kolleg:innen persönlich auszuschalten, um sie - aus seiner Sicht der Realität - aufzuhalten. Ist er also gefährlich? Potentiell ja! Jemand sollte Verantwortung übernehmen und hier professionelle Hilfe organisieren. Auch wenn – und das ist sehr wahrscheinlich – der Kollege diese erstmal ablehnen wird.

Fazit

  • Die Entwicklung eines Verfolgungswahns ist eine Krankheit und kann im Grunde jeden Menschen treffen.
  • Menschen mit einem Wahn sind in der Regel davon überzeugt, dass ihre Gedanken der Realität entsprechen. Versuche daher nicht, die Person mit Argumenten vom Gegenteil zu überzeugen. Damit verspielst du nur Vertrauen und erzeugst unter Umständen Aggressionen beim Gegenüber, das dich fortan als Feind sehen könnte.
  • Bleibe wertschätzend in deinen Worten!
  • Inhalte der Kommunikation – also des Wahns – müssen hinsichtlich einer realen Bedrohung geprüft werden. Hier heißt das zum Beispiel: Gibt es reale Personen, die aus der Perspektive des Erkrankten eine Gefahr darstellen, für ihn oder andere? Wähnt sich der Erkrankte auf einer Mission, bestimmte Menschen oder sogar die Welt zu retten? Gibt es Hinweise auf eine Eigengefährdung? Ist die Person suizidal oder droht in anderer Hinsicht eine Gefährdung im Rahmen der Wahnideen?
Falls dem so ist, sprich die hier angegebenen Ansprechpersonen oder die Führungskraft an. Organisiere Unterstützung und Hilfe. Eine medikamentöse Behandlung sowie eine Psychotherapie sind wichtig für die betroffene Person. Daher sollte nach Möglichkeit der Kontakt zu einer hausärztlichen, psychiatrischen oder psychotherapeutischen Betreuung hergestellt werden.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
Merckgroup

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Diese Website verwendet nur notwendige Cookies, die keine personenbezogenen Daten enthalten. Details findest du in unserem Datenschutzhinweis.


Mit einem Klick auf "Zum Angebot" akzeptierst du unsere Nutzungsbedingungen.