Handeln bei akuter Sucht & Beeinträchtigung

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In den vorherigen Lektionen hast du erfahren, wie du als Führungskraft mit Mitarbeitenden Gespräche führst, wenn du eine Abhängigkeit vermutest und ggf. (erste) Versäumnisse im Arbeitsalltag aufgetreten sind. Doch wie musst du reagieren, wenn …
  • sich die Auffälligkeiten so häufen, dass du als Führungskraft die Gefahr siehst, dass eine Beeinträchtigung vorliegt, die sowohl für die betroffene Person als auch für andere gefährlich werden kann
  • oder durch die Beeinträchtigung eine akute Bedrohung und Gefährdung für die betroffene oder andere Person(en) vorliegt?
In solchen Situationen ist unbedingt sofortiges Handeln notwendig. Wie du in diesen Fällen richtig vorgehst, erfährst du daher hier in dieser Lektion.

Allgemeines Hintergrundwissen

Bevor du detailliert erfährst, wie du in Fällen akuter Beeinträchtigung agieren solltest, ist etwas Basiswissen erforderlich. Denn hierfür ist nicht nur das Verständnis deiner Rolle als Führungskraft entscheidend, sondern ebenso die allgemeine Kenntnis zum Verhalten aller Beschäftigten in der Organisation.
Beschäftigte sind nämlich verpflichtet, bei der Arbeit sowohl für ihre eigene Sicherheit und Gesundheit zu sorgen, als auch für die Sicherheit und Gesundheit derer, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen bei der Arbeit betroffen sind. Deshalb müssen erhebliche Gefahren unverzüglich gemeldet werden. Tatsächlich ist es jedoch immer noch in vielen Köpfen verankert, dass akute Gefahren zu melden unkollegial oder Petzen sei. Doch im Gegenteil: Es ist eher unkollegial, untätig in Kauf zu nehmen, dass der bzw. dem Betroffenen in diesem Zustand etwas passiert oder weitere Personen geschädigt werden.
Für dich als Vorgesetzte:r bedeutet das grundsätzlich: Sobald du merkst, dass jemand aus deinem Team in einem Zustand ist, der gefährlich werden kann, darfst du diese Person nicht weiterarbeiten lassen. Zusätzlich gehört auch die Unterweisung und Unterrichtung deiner Mitarbeitenden zu deinen Pflichten als Führungskraft. Das ist eine gute Möglichkeit, deine Mitarbeitenden über die rechtliche Situation im Hinblick auf den eigenen Konsum und die Konsequenzen, die daraus entstehen können, zu informieren. Denn sobald die Auswirkungen einen Arbeits- oder Wegeunfall verursachen, kann es juristisch schnell problematisch werden – selbst wenn der Konsum nur in der Freizeit stattfindet.
Hinweis: Die Fürsorgepflicht gilt auch im Homeoffice. Das heißt, dass du dich auch hier davon überzeugen musst, dass es deinen Mitarbeitenden gut geht und die Arbeitsfähigkeit sichergestellt ist. Die Betriebsvereinbarung gilt daher ebenfalls am Heimarbeitsplatz. Tausche dich am besten mit der Personalabteilung aus, wie die Fürsorgepflicht auch auf Distanz sichergestellt werden kann.

Durchsetzung des Beschäftigungsverbots in der Praxis

Wenn es objektiv wahrnehmbare Beeinträchtigungen gibt, die deiner Einschätzung nach ein Risiko darstellen, dann reicht das allein schon aus, um die Intervention in Form eines Beschäftigungsverbotes zu rechtfertigen. Da du als Führungskraft die (rechtliche) Verantwortung trägst, musst du auch die Entscheidung treffen, ob du das Risiko eingehen willst. Hierbei musst du nichts beweisen, sondern deine ganz persönliche Einschätzung ist ausreichend. Es empfiehlt sich dennoch, eine zweite Person (z.B. aus dem Betriebsrat oder betriebsärztlichen Dienst) hinzuzuziehen, um einen möglichen Vorwurf des Mobbings oder der Diskriminierung von vornherein zu entkräften. Oft ist auch in Betriebsvereinbarungen klar geregelt, wie in einem solchen Fall verfahren wird. Falls es also in deiner Organisation eine Betriebsvereinbarung gibt, lohnt es sich in jedem Fall, einen Blick hineinzuwerfen.
Hinweis: Mitarbeitende dürfen nicht gezwungen werden, sich einem Alkohol- oder Drogentest zu unterziehen. Du kannst der Person allerdings anbieten, sich freiwillig selbst zu entlasten und beim betriebsärztlichen Dienst oder der hausärztlichen Praxis einen Alkohol- u.o. Drogentest zu machen. Die Kosten dafür muss die Person selbst tragen. Je nachdem, wie sich die Situation weiterentwickelt, kann das als Entlastung für sie hilfreich sein.
Wurde dein Eindruck bestätigt, trägst du nun die Verantwortung, dass die Person gesund und sicher zu Hause ankommt. Teilweise ist in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen beschrieben, wie das genau sichergestellt werden kann. Beispielsweise gibt es Kooperationen mit Taxiunternehmen oder der Werkschutz sorgt für den sicheren Nachhauseweg. Faktisch endet deine Verantwortung erst an der Wohnungstür. Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, dass die Person auch dort ankommt und nicht unterwegs den bzw. die Taxifahrer:in überredet, sie früher aussteigen zu lassen, dann empfiehlt sich, selbst in dem Taxi mitzufahren. Da dies in vielen Arbeitsbereichen nicht praktikabel ist, solltest du auch zu dieser Frage zunächst einen Blick in die Betriebsvereinbarung werfen oder in der Personalabteilung nachfragen, wie die genaue Vorgehensweise ist.
Wurde dein Eindruck nicht bestätigt, musst du letztlich trotzdem die Entscheidung treffen, was zu tun ist – und dich im Fall der Fälle auch verantworten. Ein Rat: Höre auf dein Bauchgefühl. Wenn dir nicht wohl bei dem Gedanken ist, nichts zu tun, und du das Gefühl hast, irgendetwas ist seltsam, dann solltest du lieber auf Nummer sicher gehen, als hinterher für den Schaden aufkommen zu müssen oder gar bei Personenschaden ein ewig schlechtes Gewissen zu haben.
Wichtiger Hinweis: Wenn bereits absehbar ist, dass sich die Person innerhalb der nächsten Stunden wahrscheinlich in einem hilflosen Zustand befinden wird, dann solltest du die Person nicht nach Hause bringen, sondern unbedingt den Rettungsdienst 112 rufen.
In jedem Fall solltest du am folgenden Tag in nüchternem Zustand ein Gespräch mit der betroffenen Person führen, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen und Unterstützung anzubieten. Hierfür kannst du ebenfalls den zuvor erläuterten Gesprächsleitfaden nutzen.

Nun weißt du, wie du dich auch bei akuten Beeinträchtigungen und Gefährdungen zu verhalten hast. Da dies sehr viele Informationen waren, findest du hier nochmal die Zusammenfassung der wichtigsten Schritte im Überblick, um sie dir für die Zukunft besser einprägen zu können:
  1. Handle immer unverzüglich, wenn Hinweise auf eine akute Beeinträchtigung vorliegen.
  2. Auch wenn dein eigener Eindruck ausreicht, ziehe dennoch – wenn möglich – eine zweite Person hinzu.
  3. Sorge stets für einen sicheren Nachhauseweg der betroffenen Person bis zur Wohnungstür.
  4. Biete der betroffenen Person einen Alkohol- u.o. Drogentest zu ihrer eigenen Entlastung an.
  5. Führe zeitnah nach dem Vorfall, am besten direkt am nächsten Tag, ein Gespräch über die weitere Vorgehensweise mit der betroffenen Person.
Zusätzlich ist es als präventive Maßnahme hilfreich, wenn du dich vorab über die vorliegenden Betriebsvereinbarungen und Handlungsempfehlungen bei dir in der Organisation informierst. Das macht es dir leichter, schnell und korrekt in einer solchen Situation zu handeln, sollte sie eintreffen.
Dieser Artikel wurde von Evermood erstellt und zuletzt am aktualisiert.
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